Schwindelabklärungen

 

Die Neurotologie ist ein klassisches Teilgebiet der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, indem das Gleichgewichtsorgan (Labyrinth) zum Innenohr gehört. Wir klären alle Schwindelformen ab und bringen unsere Patientinnen und Patienten wieder ins Gleichgewicht. Dazu pflegen wir eine gute Zusammenarbeit mit Neurologen und Physiotherapeuten.

Als Schwindel wird eine wahrgenommene Scheinbewegung zwischen sich und der Umwelt bezeichnet im Sinne eines
– Drehgefühls
– Schwankens
– Benommenheitsgefühls
aufgrund einer Störung des Gleichgewichtssinnes.

Damit wir im Gleichgewicht bleiben, benötigen wir Informationen darüber, wie unser Körper im Raum steht, sich bewegt und wie die Gravitationskraft auf ihn einwirkt. Dazu haben wir die 3 wichtigen Sensoren Auge, Gleichgewichtsorgan und Muskelrezeptoren. Die Informationen dieser Sensoren werden im Kleinhirn verarbeitet und als Folge reflektorische Befehle an Muskeln abgegeben, damit wir Gegenstände im Blick behalten, die Balance halten und uns im Raum sicher bewegen können.

Schwindelempfinden entsteht, wenn ein Gleichgewichtssensor nicht mehr funktioniert. Dadurch kommt es zu einem „missmatch“ zwischen erwarteten und tatsächlich eingehenden Informationen unserer Gleichgewichtssensoren. Auch Störungen der Schaltzentrale, des Kleinhirns, können Schwindel verursachen.

Das Innenohr verursacht typischerweise einen Drehschwindel, entweder anfallsweise bei bestimmten Bewegungen, wie beim gutartigen Lagerungsschwindel, während Minuten bis Stunden wie z.B. bei der Menière’schen Erkrankung oder während Tagen wie beim akuten Vestibularissyndrom. Schwankschwindel kann auch aufgrund einer beidseitigen Vestibulopathie vom Innenohr kommen, hat aber häufig andere Ursachen. Benommenheitsgefühl, Schwarzwerden und andere unsystematische Schwindelempfinden sind meist nicht innenohrbedingt.

Mit 4 gezielten Fragen nach Art und Dauer des Schwindels, nach Begleitsymptomen und einem allfälligen Auslösemechanismus lässt sich die Schwindelursache einkreisen. Es folgen Untersuchungen der Körperkoordination und Körperreflexe sowie apparative Untersuchungen des sog. vestibulookulären Reflexes mittels Kalorik und Video-Kopfimpulstest. Wichtigstes Ziel beim akuten Drehschwindel ist es einen Schlaganfall sicher auszuschliessen. Je nach Resultat unserer Untersuchungen muss allenfalls eine MRI-Bildgebung Klarheit verschaffen. Finden wir keine Innenohrerkrankung als Schwindelursache, werden andere Fachdisziplinen zugezogen.

Der gutartige Lagerungsschwindel (BPLS) ist der häufigste Schwindel. Ursache ist ein Kristall, welches in einen Bogengang des Gleichgewichtsorgans geraten ist. Charakteristisch sind:

  • Plötzlich einsetzende, ausgeprägte Drehschwindelanfälle
  • Einsetzen nach einer Latenz von wenigen Sekunden nach Lagewechsel
  • Crescendoartig zunehmend – decrescendoartig abnehmend – nach ca. 30 Sekunden beruhigt
  • Begleitet von Übelkeit bis Erbrechen
  • Provozierbar durch Hinlegen und Kopfdrehungen

Die Diagnose erfolgt mittels Lagerungsprüfung und Nystagmusbeobachtung. Es braucht fachärztliche Erfahrung, um den betroffenen Bogengang zu bestimmen. Er wird mit gezielten Repositionsmanövern, z.B. nach Epley oder Semont, behandelt.

Der Ausfall oder die starke Unterfunktion eines Gleichgewichtsorgans ist der 2.-häufigste Drehschwindel. Die genaue Ursache ist unklar. Zur Diskussion stehen virale Infekte und Mikrodurchblutungsstörungen im Innenohr. Charakteristisch sind:

  • Plötzlich und relativ rasch einsetzender Drehschwindel
  • Übelkeit bis Erbrechen
  • starkes Krankheitsgefühl
  • Dauer Stunden bis Tage
  • verstärkt durch Bewegung
  • Fixation eines Punktes mit den Augen schwierig

Bei zusätzlichen neurologischen Symptomen wie Seh-, Sprech-, Schluckstörung, Kopfschmerzen, Lähmungen, Bewusstseinsverlust u.a. kann ein Schlaganfall vorliegen und es muss eine sofortige entsprechende Abklärung und Behandlung erfolgen. Wir untermauern die Diagnose mit dem Kopfimpulstest sowie der kalorischen Prüfung der Labyrinthe. Die Patienten müssen häufig wegen massivem, anhaltenden Schwindel und Übelkeit stationär behandelt werden. Es werden Medikamente gegen Übelkeit sowie Flüssigkeit verabreicht. Zur Therapie gehört Kortison sowie frühe Mobilisation und Physiotherapie. Die meisten Patienten sind nach wenigen Wochen beschwerdefrei, Restbeschwerden sind jedoch während Monaten möglich.

Der Morbus Menière ist die 3.-häufigste vestibuläre Schwindelerkrankung. Ursache ist ein sogenannter Hydrops, ein Überdruck im endolymphatischen Raum im Innenohr. Es kommt periodisch zu einer Funktionsstörung sowohl im Hör- wie auch Gleichgewichtsorgan. Im Verlauf ist auch eine beidseitige Erkrankung möglich. Zur Symptomtrias gehören:

  • plötzlich einsetzender Drehschwindel während Minuten bis Stunden mit Übelkeit bis zum Erbrechen
  • Druckempfinden im Ohr und schwankender Hörverlust
  • Rauschen im Ohr, „Tinnitus“

Die Früherkennung ist schwierig, indem nur ca. 20% diese typische Symptomtrias zu Beginn der Erkrankung aufweisen. In der Untersuchung finden wir im akuten Stadium typischerweise einen Reiz- oder Ausfallnystagmus und im Hörtest eine typische Hydropskurve mit Hörverlust im Tieftonbereich. Die Befunde können nach relativ kurzer Zeit variieren. Mittels MRI können wir den Hydrops nachweisen und eine andere Ursache wie z.B. ein Akustikusschwannom ausschliessen. Im akuten Stadium mit anhaltendem Verlauf muss, wie beim vestibulären Syndrom, eine stationäre Behandlung erfolgen. Die weitere langfristige Behandlung ist mit Betahistin. Weitere Optionen sind die Dexamethason-Instillation ins Mittelohr und in seltenen, therapieresistenten und invalidisierenden Fällen die medikamentöse oder operative Stilllegung des Innenohrs. Prophylaktisch können helfen:

  • Gesund leben, Sport
  • Meiden von Lärm, Rauchen, Alkohol, Stress
  • regelmässiger Schlaf
  • Entspannungsübungen
  • Kaliumreiche, kochsalzarme Kost
  • Betahistin (Betaserc®)