Gehör- und Hörgeräteabklärungen

Etwa 20 % der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre haben keine völlig normale Hörschwelle mehr. Gehörsabklärungen und Behandlungen von Hörstörungen bei Kindern und Erwachsenen sowie die Abklärung vor und nach Hörgeräteanpassungen gehören zu unseren Kernkompetenzen und häufigsten Aufgaben.

Geräusche breiten sich als Schwingungen von Luftteilchen aus. Aufgabe unserer Ohren ist die Umwandlung dieser Schallwellen in Signale, die unser Hirn versteht. Die Ohrmuschel sammelt die Schallwellen und der Gehörgang leitet sie auf das Trommelfell, welches in Schwingung gerät. Die Gehörknöchelchen verstärken die Schwingungen und übertragen sie auf die Flüssigkeit in der Hörschnecke. Die Wellen im Innenohr werden von den Haarzellen in chemische Signale für den Hörnerv umgewandelt. Der Hörnerv leitet die Information als elektrisches Signal ins Gehirn, wo es erst zur Hörwahrnehmung kommt.

Insgesamt gibt es 4 Arten der Schwerhörigkeit:

  • bei der Schalleitungsschwerhörigkeit ist die Schallübertragung auf das Innenohr gestört, z.B. durch einen Pfropf im Gehörgang, Schleim im Mittelohr oder Unterbruch oder Fixation der Gehörknöchelchen.
  • bei der Innenohrschwerhörigkeit liegt der Schaden im Innenohr. Meist sind dabei die Haarzellen beschädigt, z.B. durch übermässige Lärmeinwirkungen, Entzündungen oder altersbedingt.
  • bei der neuralen Schwerhörigkeit ist der Hörnerv geschädigt, z.B. bei Tumoren oder viralen Infekten.
  • bei der zentralen Schwerhörigkeit versteht der Patient schlecht wegen Schäden im Hörzentrum, z.B. nach einem Schlaganfall.

Das Gehör nimmt ab dem 50. Altersjahr durch degenerative Veränderungen der Haarzellen sukzessive ab. Dazu kommen Hörbeeinträchtigungen durch Lärm, familiäre Veranlagung und andere Faktoren. Die Altersschwerhörigkeit schreitet langsam voran, weswegen das Nachlassen des Sprachverständnisses nicht immer früh bemerkt wird.
Zuerst lassen die hohen Frequenzen nach und in geräuschvoller Umgebung wird das Verstehen schwierig. Schrille Geräusche werden schmerzhaft empfunden.
Unbehandelte Altersschwerhörigkeit führt zu vorzeitigem geistigen Abbau und sozialen Rückzug. Bei folgenden Anzeichen sollten Sie Ihr Gehör untersuchen lassen:

  • Familienmitglieder beschweren sich über zulaut eingestellten Fernseher
  • Schlechtes Verstehen in geräuschvoller Umgebung
  • Nichthören von Vogelgezwitscher, Kühlschrankgeräusch, Weckerticken, Klingel und Telefon
  • vermehrtes Nachfragen und Gefühl der Gesprächspartner rede undeutlich

Am Anfang steht die genaue Befragung des Patienten nach Beginn und Verlauf der Hörstörung, Begleitsymptomen, Vorerkrankungen, familiären Gehörskrankheiten, Lärmbelastung am Arbeitsplatz oder in der Freizeit u.a.m.
Die Untersuchung beginnt mit der Ohrmikroskopie. Gehörgang und Trommelfell können präzise auf Defekte, Vernarbungen und sonstige Veränderungen inspiziert werden. Danach werden verschiedene Hörteste = Audiogramme durch unsere Audiometristin oder den Arzt durchgeführt.
Spezielle labormedizinische Untersuchungen werden angeordnet wenn eine seltene Stoffwechselerkrankung in Frage kommt.
Die Computertomographie hilft in der Erkennung von Verknöcherungen der Hörschnecke oder der Steigbügel-Fussplatte. Eine Magnetresonanzaufnahme wird angeordnet bei Verdacht auf einen Hydrops im Innenohr oder zum Ausschluss eines Tumors des Hörnerven.
Bei Neugeborenen erfolgt im Spital ein Hör-Screening. Ein gesundes Ohr sendet bei Beschallung Schallwellen zurück, die als sogenannte otoakustische Emissionen registriert werden können. Bei wiederholt gemessenen fehlenden Emissionen wird eine Hirnstammaudiometrie in Narkose angeschlossen, bei welcher die Hirnströme als Reaktion auf akustische Reizsignale aufgezeichnet werden. Wegen der Sprachentwicklung muss eine Schwerhörigkeit bei Kleinkindern frühmöglichst erkannt und mittels einer Hörhilfe oder eines Cochlea Implantats rehabilitiert werden.

Beim Reintonaudiogramm werden dem Patienten reine Sinustöne angeboten. Dabei wird ermittelt, bei welcher Lautstärke der Sinuston gerade noch gehört wird und wird als Hörschwelle ins Audiogramm übertragen. Routinemässig werden Töne im Frequenzbereich zwischen 125 und 8000 Hertz gemessen. Die Prüfung der Gesamtleistung des Hörorgans über Luftleitung wird über einen Kopfhörer geprüft, die Innenohrhörschwelle, die sogenannte Knochenleitung, über einen speziellen Applikator hinter dem Ohr. Prüfungen mit und ohne Hörgeräte erfolgen über einen Lautsprecher im sogenannten freien Schallfeld.

Bei der Tympanometrie wird der Widerstand gemessen, den das Mittelohr der Aufnahme von Schallwellen entgegensetzt. Bei hoher Impedanz reflektiert das System einen grossen Teil der Schallenergie, bei tiefer Impedanz absorbiert das System viel Schallenergie. Der Kehrwert der Impedanz ist die Compliance, welche die Nachgiebigkeit des Trommelfells bezeichnet. Ziel der Tympanometrie ist die indirekte Bestimmung der Trommelfellbeweglichkeit und des Mittelohrdrucks. Es lassen sich Rückschlüsse auf Flüssigkeitsansammlungen im Mittelohr, Trommelfellperforationen, die Durchgängigkeit der Eustachischen Röhre und den Zustand der Gehörknöchelchen ziehen. Zusätzliche Informationen zur Beweglichkeit der Gehörknöchelchenkette erhält man bei Mitbestimmung der Stapediusreflexe.

Bei hohen Schallpegeln kontrahiert sich reflektorisch der Stapediusmuskel im Mittelohr und versteift so die Gehörknöchelchenkette. Dadurch wird weniger Schallenergie in das Innenohr übertragen. Der Stapediusreflex schützt so das Innenohr vor Lärmschädigung. Die Messung des Stapedius-Reflexes ist eine Erweiterung der Tympanometrie und gehört mit ihr zu den objektiven Hörtesten. Die Reflexschwelle eines Normalhörenden liegt bei etwa 80 dB HL. Dies ist auch der Fall bei Patienten mit Funktionsstörungen der äußeren Haarzellen bei normaler Funktion der inneren Haarzellen. Bei der Mittelohrschwerhörigkeit und der neuralen Schwerhörigkeit ist die Reflexschwelle etwa dem Hörverlust entsprechend verschoben oder nicht messbar wie  zum Beispiel bei der Otosklerose.

Otoakustische Emissionen (OAE) sind Schallaussendungen des Innenohres. Sie entstehen durch Schwingungen der äusseren Haarzellen, die als mechanische Verstärker fungieren. Ihre Bewegungen erhöhen die Sensitivität und Trennschärfe des Hörorgans. Die OAE erlauben eine direkte Prüfung des Innenohrs. Routine-Anwendungen sind:

  • Detektion von Hörstörungen bei Neugeborenen (Hörscreening)
  • Objektive Hörmessung bei schlecht kooperierenden Patienten, z.B. kleine Kinder
  • Differenzierung kochleärer versus retrocochleärer Hörstörungen
  • Erholungsprognostik beim Hörsturz
  • Erkennung beginnender Hörstörungen bei Lärmexposition und Einnahme von ototoxischen Substanzen sowie deren Verlaufs-Monitoring
  • Bestimmung des sogenannten Recruitements

Beim Sprachaudiogramm werden dem Patienten zweisilbige Zahlwörter und Einsilber angeboten. Zahlwörter werden deutlich besser verstanden als Einsilber. Letztere werden nur erkannt, wenn jeder einzelne Laut gehört und verstanden wird. Die Zahlwörter spiegeln die Sprachverständlichkeit ab, die Einsilber das Diskriminationsvermögen. Ab einer gewissen Innenohrschwerhörigkeit werden auch bei optimalem Schallpegel nicht mehr alle Einsilber verstanden, was als Diskriminationsverlust bezeichnet wird. Um die Bedingungen mit realer Sprache und in geräuschvoller Umgebung zu simulieren, wurden Satztests mit ganzen Sätzen entwickelt, denen auch Störlärm zugemischt werden kann. Die Testwörter oder Testsätze können über einen Kopfhörer oder bei Hörgeräteträgern über Lautsprecher abgespielt werden.
Sprachaudiogramme testen Hörvermögen und das Sprachverstehen.

Ob ein Hörgerät in Frage kommt, entscheidet die Art und das Ausmass der Schwerhörigkeit. Alleinige Schalleitungsschwerhörigkeiten sind keine gute Indikation für klassische Hörgeräte. Manchmal wird auch eine Erkrankung des Gehörs festgestellt, die operativ behoben oder verbessert werden kann. Hörgeräte nützen erst ab einem gewissen Hörverlust. An Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeiten oder Ertaubungen können statt mit Hörgeräten gut mittels Cochlea Implantat rehabilitiert werden.
Der Ohrenarzt ist Experte der Sozialversicherung, wenn es um die Finanzierung einer Hörhilfe geht. Ist aufgrund unserer Untersuchung ein Hörgerät sinnvoll, melden wir Sie bei der zuständigen Versicherung an und erstellen eine Hörmittel-Expertise, damit die Kosten übernommen werden. Die Anpassung der Hörgeräte erfolgt durch einen Akustiker freier Wahl.